- Bei der aktuellen Finanzierungsrunde hat der Neobroker mehr als 700 Millionen Euro für die Expansion im gesamten Euroraum eingesammelt.
Der Neobroker Trade Republic profitiert auch weiterhin von niedrigen Zinsen. Diese sorgen schließlich dafür, dass immer mehr Verbraucher ihr Geld in Aktien, ETFs oder andere Wertpapiere investieren, um die geringen Renditen von traditionellen Sparkonten zu umgehen. Mit einer enormen Finanzierungsrunde wollen die Verantwortlichen bei Trade Republic deshalb jetzt noch einmal das Wachstum vorantreiben.
Bei dem Broker können Kunden Aktien, Exchange Traded Funds (ETFs), Derivate und mittlerweile auch Kryptowährungen über eine mobile App kaufen und verkaufen. Provisionen fallen dafür nicht an, es gibt jedoch Gebühren für verschiedene Dienste. Nun hat das Startup bestätigt, dass insgesamt 900 Millionen US-Dollar in einer Series C-Finanzierungsrunde eingenommen wurden. Damit wird Trade Republic jetzt mit rund 4,3 Milliarden Euro bewertet.
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Mehrere bekannte Investoren sorgen für rund 740 Millionen Euro frisches Kapital. Geleitet wird die Runde von Sequoia, zudem beteiligen sich TCV und Thrive Capital zum ersten Mal. Accel, Founders Fund, Creandum und Project A waren bereits in früheren Finanzierungsrunden vertreten.
Die Investition katapultiert das in Berlin ansässige Startup zu einem der größten privaten Fintech-Unternehmen in Europa. Trade Republic ist derzeit nur in Deutschland, Österreich und Frankreich tätig, aber Mitgründer Christian Hecker betont, dass die neuen Mittel vor allem für die weitere Expansion verwendet werden sollen.
Aktivitäten im gesamten Euroraum geplant
“Es ist unser Ziel, in den nächsten vier Monaten in der gesamten Eurozone präsent zu sein”, sagte Hecker in einem Interview. Spanien und Italien als größte Märkte dürften besonders wichtig sein, gefolgt von den Benelux-Staaten, Irland und Finnland. Hecker ist davon überzeugt, dass Trade Republic ein Angebot präsentiert, auf das jeder Anleger Zugriff haben sollte.
Die Trendwende bei den Gewohnheiten der Verbraucher sowie allgemeine wirtschaftliche Trends sprechen in der Tat für Apps wie Trade Republic, die Anlegern einen ganz einfachen Zugang zum Kauf von Wertpapieren ermöglichen. Solche Möglichkeiten waren in der Vergangenheit eher wohlhabenden Sparern vorbehalten, die für ihr Erspartes auch die Hilfe von Beratern nutzen wollten.
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Für Kleinsparer sorgen die niedrigen Zinsen allerdings dafür, dass sich andere Formen der Geldanlage praktisch nicht mehr lohnen. Angesichts der Inflationsrate gibt es zudem berechtigte Bedenken, dass die staatliche Rente allein nicht mehr ausreicht, um im Alter über die Runden zu kommen. Die private Vorsorge ist jedoch in Europa noch immer nicht so weit verbreitet wie etwa in den USA oder Kanada.
Vor allem die Neobroker wollen das ändern. Sie setzen auf allgegenwärtige Smartphones und Apps, die für viele Kunden längst zum Alltag gehören. Außerdem werden Zahlungen und Bankgeschäfte ohnehin schon immer mehr über das Internet abgewickelt. Somit liegt es nahe, Kunden auch die Möglichkeit zum Investieren über das Smartphone zu geben. Hecker fasst zusammen: “Wir haben negative Zinssätze, Inflation und eine enorme Rentenlücke. Alle drei Faktoren sorgen dafür, dass Sie etwas für sich selbst tun müssen.”
Zu den neuen Spielern auf dem Markt für die Geldanlage von privaten Verbrauchern zählen Anbieter wie Robinhood aus den USA oder die Social Trading-Plattform eToro, die im März bekanntgab, über einen SPAC mit einem Wert von 10 Milliarden US-Dollar an die Börse zu gehen. Auch die Neobank Revolut ist mit Dienstleistungen rund um den Aktienhandel in diesem Teil des Marktes aktiv. Dazu kommen neue Trends wie Investments in Kunstsammlungen, die bei Rally möglich sind, oder in Non-Fungible Tokens (NFTs), die es zum Beispiel in Form von digitaler Kunst oder als Fußball-Sammelkarten auf dem Markt sind.
Schon über eine Million Kunden
Solche Trends sowie immer mehr Möglichkeiten, um Trades einfach per Smartphone-App zu verwalten, haben Trade Republic einen enormen Schub verliehen. Im Jahr 2020 gab der Neobroker bei der Ankündigung der Series B-Finanzierung bekannt, dass das Unternehmen schon mehr als eine Milliarde Euro verwaltet. Diese Zahl ist nun auf über sechs Milliarden Euro gestiegen und stammt von mehr als einer Million Kunden in drei Ländern: Deutschland, Österreich und Frankreich.
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Kunden investieren also im Durchschnitt derzeit rund 6000 Euro über Trade Republic. Laut Hecker geht es vielen dabei nicht so sehr um schnelle Renditen aus Trades, sondern um eine längerfristige Form der Geldanlage. “Wir waren noch nie eine Handelsplattform”, sagt Hecker und unterstreicht die Tatsache, dass viele Nutzer ihr Konto bei Trade Republic als Sparplan führen. Das unterstreicht auch eine kürzlich durchgeführte Kundenumfrage. Diese ergab, dass 70 Prozent der Kunden “nicht nach kurzfristigen Gewinnen suchen oder bei der Anlage vom durchschnittlichen Kaufeffekt profitieren wollen”, erklärt Hecker.
Die Bewertung sowie die Geschichte, die das Unternehmen gerne über sein Potenzial erzählt, sorgen also scheinbar dafür, dass sich das Startup auf Dauer in der Finanzwelt einrichtet. Zudem verfügt Trade Republic über eine Banklizenz. Kunden profitieren also von der Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro.